Die Hälfte der Intensivpatienten in Deutschland verfügen weder über eine Vorsorgevollmacht noch über eine Patientenverfügung. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie. Knapp zwei Fünftel der Befragten ohne Dokument haben sich demnach bisher keinerlei Gedanken über das Thema gemacht.
Nur etwa 15 Prozent aller Patienten lassen sich ärztlich bei der Erstellung ihrer Patientenverfügung beraten.
Lediglich jeder zweite Intensivpatient in deutschen Krankenhäusern (51 Prozent) hat eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung hinterlegt. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). Unter der Leitung von Professor Stefan Kluge, Präsidiumsmitglied der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) sowie Direktor der UKE-Klinik für Intensivmedizin, wurden im Rahmen der Studie 998 Patienten auf elf Intensivstationen befragt.
“Damit können wir Ärzte viele Patienten weder juristisch abgesichert noch zweifelsfrei in ihrem Sinne behandeln”, sagt Kluge.
Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen häufig unvollständig
Der Studie zufolge haben sich 39 Prozent der Befragten ohne Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung sogar noch nie Gedanken mit der Thematik beschäftigt. Nach Ansicht der DIVI muss die Gesundheitspolitik nun für eine bessere Aufklärung der Bevölkerung sorgen.
“Auch Krankenkassen und Hausärzte sind in der Pflicht, Patienten zu den notwenigen Vollmachten umfassend zu informieren”, meint Kluge. Als Besorgniserregend empfinden die Studienautoren, dass 40 Prozent aller vorliegenden Vorsorgevollmachten sowie 44 Prozent aller Patientenverfügungen unvollständig ausgefüllt und damit schwer oder gar nicht interpretierbar sind.
Die Studie zeigt zudem, dass nur 23 Prozent der Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen auch wirklich im Krankenhaus vorlagen. Zudem lassen sich lediglich etwas mehr 15 Prozent aller Patienten ärztlich bei der Erstellung ihrer Patientenverfügung beraten lassen. “Es ist jedoch ratsam, das Schriftstück dem Hausarzt vorzulegen, um alle Unklarheiten zu beseitigen”, erläutert Kluge.
Mithilfe einer Patientenverfügung lassen sich Wünsche zur medizinischen Behandlung für den Fall der Entscheidungsunfähigkeit – etwa durch Bewusstlosigkeit – festlegen. Fünf wichtige Aspekte sollten beachtet werden.
Gastbeitrag von Dr. Dietmar Kurze, VorsorgeAnwalt e.V.
1. Konkrete Anweisungen – keine allgemeinen Wünsche
Der BGH hat es in seinem Beschluss vom 6. Juli 2016 gerade noch einmal bekräftigt: Es reicht nicht, um ein “würdiges Sterbenlassen” oder eine “Behandlung ohne Schläuche” zu bitten. Es müssen bestimmte Behandlungen untersagt werden. Dies sind meist insbesondere die künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, die künstliche Beatmung, die Wiederbelebung und die Antibiotikagabe.
2. Aktueller Wille geht vor
Die Patientenverfügung wird nur angewandt, wenn Sie nicht mehr einwilligungsfähig sind. Solange mit Ihnen kommuniziert werden kann, gelten Ihre Anweisungen und Wünsche. In manchen Krankenhäusern und Heimen wird das nicht beachtet. Notfalls sollte anwaltliche Unterstützung hinzugezogen werden.
3. Einsatzsituationen beschreiben
Wenn Aussicht auf Besserung besteht, soll eine Patientenverfügung meist nicht angewandt werden. Daher sollten Sie festlegen, was neben der Einwilligungsunfähigkeit noch vorliegen muss. Meist werden der Sterbevorgang, das Endstadium einer unheilbaren Krankheit, das Endstadium einer Demenzerkrankung und das sogenannte “Wachkoma” genannt. Es kann aber auch beispielsweise eine Wiederbelebung für jede Situation ausgeschlossen oder aus religiösen Gründen immer eine Gabe von Blut untersagt werden.
4. Vertreter benennen
Am besten ist eine separate Vorsorgevollmacht. Der dort Bevollmächtigte kann dann die Patientenverfügung durchsetzen. Sonst muss vom Gericht ein Betreuer bestellt werden. Ein Vorsorgebevollmächtigter kann auch andere Angelegenheiten erledigen, wie einen Pflegdienst beauftragen und Bankangelegenheiten erledigen. Zu einem Bevollmächtigten sollte aber immer absolutes Vertrauen bestehen. Wenn Sie niemanden haben, kann ein anwaltlicher Bevollmächtigter (Vorsorgeanwalt) in Betracht kommen.
5. Finden lassen
Die beste Patientenverfügung hilft nicht, wenn sie nicht gefunden wird. Ihre Vertrauensperson sollte daher wissen, wo sie die Patientenverfügung findet. Eine Hinterlegung einer Kopie im Krankenhaus oder Pflegeheim können ebenfalls helfen. Sinnvoll sind auch Notfallkarten im Portemonnaie und ein Eintrag unter “ICE (In Case of Emergency) im Handy.